S wie Sport hätte ich auch als Überschrift schreiben können. Denn das war mir der wichtigste Beweggrund für meine beiden Hüft-OP`s. Ich wollte wieder schmerzfrei Sport treiben können, vor allem „meinen“ Sport, das Golfspielen. In den vergangenen frühlingshaften Tagen habe ich es ausgiebig genossen, wieder eine spontane Arbeitspause einzulegen – immer nach dem Motto „carpe diem“ – und rasch mal neun Löcher zu gehen. Nach anderthalb Stunden Bewegung an der frischen Luft geht das Schreiben noch einmal so flott von der Hand. Für meinen Schreibtisch-Beruf ist der Bewegungsausgleich enorm wichtig. Das macht den Kopf frei, bringt neue Ideen und macht ein gutes Gewissen bei meinen obligatorischen Süßigkeiten-Sünden. Denn das tägliche Stück Kuchen – gern „Hüft-Gold“ genannt – soll schon sein.
Um meinen Bewegungsdrang auch mit Hüft-Schmerzen ausleben zu können, habe ich mich vor meiner Hüft-OP regelmäßig in die Hände einer Shiatsu-Therapeutin begeben. Angelika Stempel in Erding war jahrelang meine wichtigste Gesundheitsbegleiterin: Als gelernte Heilpraktikerin hat sie mich mit Globuli versorgt, wenn sie gespürt hat, was mir gerade fehlte, und anschließend hat sie in wohltuender Stille auf der Bodenmatte meine Blockaden gelöst. Shiatsu kommt aus Japan und heißt wörtlich übersetzt Fingerdruck. Es handelt sich um eine Art Massage-Akupressur, um die Lebensenergie, das Chi, wieder in den Meridianen fließen zu lassen. Partien des Körpers werden gedehnt, Gelenke sanft rotiert. Danach fühlt man sich wie schwebend.
Leider hat dieser Zustand immer kürzer angehalten, so dass ich mir weitere Hilfe gesucht habe: Spiraldynamik war und ist eine Methode, bei der es um die aufrechte Haltung, das aufrechte Gehen in Balance geht. Ähnlich wie bei der Alexandertherapie kümmert sich der Therapeut, in meinem Fall Physiotherapeut Dr. Jens Wippert in München, darum, meinem Körper zu vermitteln, wie er sich anatomisch richtig bewegen sollte. Die dreidimensional angelegten Übungen appellieren dabei an das eigene Körpergefühl, die eigene Körperintelligenz.

Sonnenbaden auf dieser geschwungenen "Seniorliege" geht erst wieder, wenn die Krücken eingemottet sind.
Aber irgendwann verhallte jeder Appell. Ich wurde immer verzweifelter, dass mein Körper auf gar nichts mehr richtig ansprach. Als ich schließlich im warmen Thermalwasser nicht einmal mehr schmerzfrei schwimmen konnte, riss mein Geduldsfaden endgültig. Das konnte doch nicht sein, dass ich keine Brustschwimm-Bewegungen mehr machen konnte, ohne dass mir ein stechender Schmerz in die Leistengegend schoss. Das war der Punkt, an dem ich meine erste Hüft-OP in die Wege leitete.
Vor der OP habe ich mich mit allen wichtigen Dingen versorgt, die ein Hüftpatient so braucht. Über einige, wie das Seitenschläferkissen, die Bett- und Klo-Erhöhung, die ergonomischen Gehstützen etc. habe ich schon geschrieben. Ein wichtiges Utensil, das mir heute noch gute Dienste leistet, ist ein langer Schuhlöffel. Denn das Bücken ist ja erst einmal strikt verboten. Es gibt edle und teure Modelle von Manufactum, günstige und stabile im Sportgeschäft, aber auch durchaus praktikable Plastik-Schuhlöffel von Ikea. Beim Schuhlöffel-Kauf gleich an die hüftfreundlichen Schuhe denken: stabile Sandalen zum Hineinschlüpfen, Slipper oder Turnschuhe mit Klettverschluss statt Schnürsenkeln gehören zur Grundausstattung. Mit all diesen praktischen Verrichtungen habe mich auch seelisch auf den Zustand eingestellt, der mich erwartete: Einschränkung und Verlust meiner Selbstbestimmung.
Alles wird der operierten Hüfte untergeordnet. Aber wenn man das pragmatisch angeht, ist es nur halb so schlimm. Ebenso unvermeidlich: der Verzicht auf Sex für knapp sechs Wochen. Einer meiner Mitpatienten in Bad Heilbrunn fuhr am zweiten Wochenende in der Reha nach Hause und erzählte ganz freudig, dass Sex problemlos möglich war. Ja klar, als Mann schon. Als Frau dauert die Enthaltsamkeit etwas länger. Schließlich müssen wir doch eine erhebliche Spreizbewegung ausführen. Schon vor der OP war Sex nur noch relativ vorsichtig möglich. Daher ahnte ich schon, dass eine funktionierende Hüfte hier zu einem quasi verjüngenden Lustschub führen könnte. Aber bei den ersten Versuchen, sollte man sich buchstäblich vorsichtig herantasten an die neu gewonnenen Möglichkeiten…
Und zum Schluss mal wieder etwas Poetisches: Vor meiner zweiten Hüft-OP schenkte mir meine beste Freundin den Literarischen Kalender 2012 von dtv. Das Motto steht vorn auf dem gelben Stoff-Einband: Eine Gedichtzeile von Friedrich Nietzsche (!) aus seinem Italien-Gedicht „Im Süden“. Da ich mich gerade wieder im Süden befinde hier zwei Strophen daraus: „Das weiße Meer liegt eingeschlafen,/und purpurn steht ein Segel drauf./ Fels, Feigenbäume, Turm und Hafen,/ Idylle rings, Geblök von Schafen, -/ Unschuld des Südens, nimm mich auf! // Nur Schritt für Schritt – das ist kein Leben,/ Stets Bein vor Bein macht deutsch und schwer./ Ich hieß den Wind mich aufwärts heben,/ Ich lernte mit den Vögeln schweben, -/Nach Süden flog ich über`s Meer.“ Schön, nicht?
Auf meinem Blog Dr .Ralf Hettich’s Gedanken zur Sexualität können Sie genau lesen, welche Sexstellungen mit einer Hüft-OP für Mann und Frau möglich sind:
http://drralf.wordpress.com/2010/12/02/huftoperation-und-sex-–-die-besten-sex-stellungen-nach-einer-huft-op/
Anfangs August veröffentliche ich auch den Spezialreport „Damit aus Sex-Lust kein Sex-Frust wird“ in welchem Sie erfahren, wie Sie während und nach Erkrankungen Ihr Liebesleben animieren können.
Ich wünsche Ihnen bei Ihrem Buchprojekt viel Erfolg
Mit besten Wünschen
Ihr Dr. Ralf Hettich