Nun haben wir Cory aus Hong Kong in ihrer Reha in der Medical Park Klinik St. Hubertus in Bad Wiessee am Tegernsee besucht – und können somit ein 6er TEP-Treffen vermelden! Denn sowohl mein Mitautor Peter Herrchen als auch Cory und ich haben ja je zwei Hüft-TEPs. Beim „Foto-Shooting“ war ich allerdings die Einzige, die ihre Schuhe ausgezogen hat, um am heißen 35-Grad-Tag Abkühlung im Tegernsee zu genießen. Den beiden anderen war der Untergrund zu steinig! Da lobe ich mir doch das Training auf unebenem Untergrund und die Freude am Barfußgehen. Das ist kostenlose Fußreflexzonenmassage – und erspart Einlagen.

Die Mutmach-Ratgeber Autoren Heidi Rauch und Peter Herrchen mit der nun ohne Krücken gehenden Cory in ihrer Mitte.
Denn beim Googeln nach einem WDR-Beitrag über unser Buch „Mut zur neuen Hüfte!“, auf den uns eine Leserin aufmerksam gemacht hat, kam ich auf einen Hüft-Beitrag des Hessischen Fernsehens: Der Patient, der dort interviewt wurde, hatte zunächst Fußschmerzen, bevor ihm Coxarthrose diagnostiziert wurde. Und was war die erste Maßnahme vor der richtigen Diagnose: Einlagen! Seien Sie also skeptisch, wenn Ihnen das widerfahren sollte – und es vor allem nur kurzzeitig hilft.
Ebenso nur kurzzeitige Hilfe, wenn überhaupt, versprechen übrigens die ach so beliebten Arthroskopien im Knie – 413.000 in Deutschland im Jahr! Wir schreiben ja in unserem Buch „Mut zum neuen Knie!“ schon ausführlich, wie überflüssig diese operativen Eingriffe sind. Nun untermauern dies auch neue Studien: Unter dem Titel „Gelenkspiegelung bringt kaum Vorteile“ schreibt „Die Zeit“ über dänische und schwedische Forscher, die sogar auf erhebliche Nebenwirkungen dieser so wenig effektiven OP hinweisen, wie Blutgerinnsel (Thrombosen) in den „tiefen“ Venen, Infektionen, Lungenembolie (verstopfte Lungenschlagader) und gar Todesfälle! Im British Medical Journal geht der Orthopäde Andy Carr von der Universität Oxford sogar noch weiter: Bei knapp jeder tausendsten Gelenkspiegelung käme es zu einem Todesfall, bei vier von 1.000 Arthroskopien zu einer Venenthrombose. Sein Fazit: Diese OP sei nicht effektiv und potentiell schädlich! Und auch das deutsche Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen kam 2014 zu dem Schluss: Der Nutzen einer Gelenkspiegelung bei Knieverschleiß (Gonarthrose) sei nicht belegt!
Belegt ist aber die Zuwendung, die ein Patient braucht – egal ob Hüft- oder Knie-TEP. Nie ist man so sehr mit seinem Körper beschäftigt wie rund um eine OP, die zu einer Endoprothese führt. Die Entscheidung, sich etwas Künstliches, einen Fremdkörper als Hilfsmittel einsetzen zu lassen, führt zu intensivem Nachdenken über das Funktionieren unserer Körperteile, über die Pflege, die wir ihnen angedeihen lassen sollten. Nie war ich so sehr mit meiner narzisstischen Selbstbeobachtung beschäftigt wie in der Zeit meiner beiden Hüft-OPs: Wie gehe ich denn heute, welche Fortschritte mache ich, bewege ich mich achtsam, wo zwickt oder zwackt es noch? Darum kreisen die Gedanken. Wenig anderes hat Platz. Auch in der Reha drehen sich die Gespräche natürlich nur darum.
Eigentlich ist das ein schöner Zustand, den man sich sonst im Alltag nie gönnt. In der Reha darf und soll man das. Jeder versteht einen. Umso beleidigter ist man, wenn man nicht die Zuwendung erfährt, die man erwartet. Schließlich ist man ja gerade der Nabel der Welt! Ich erinnere mich noch genau wie sauer ich war, als eine Freundin den mit mir ausgemachten Besuchstermin vergessen hatte. Vergessen! Wie geht das denn? Oder Menschen, die einfach keine Zeit haben für einen Besuch bzw. meinen, keine Zeit zu haben. Für die hat man so gar kein Verständnis. An dieser Stelle also mein dringender Rat: Auch wenn der Patient abwinkt und meint, in der Reha sei er ja soooo beschäftigt und brauche keinen Besuch. Das stimmt nicht! Er oder sie freut sich bestimmt riesig darüber. Garantiert! Schreiben Sie mir, wenn Sie anderes erleben. Ich bin gespannt….
Ich erstickte an meinem ersten Reha-Tag in Höhenried beinahe in einem Meer aus Tränen, weil mir da erst so richtig zu Bewusstsein kam, was mir widerfahren war – man hatte mich aufgeschnitten, an meinen Knochen herumgesägt und -gefräst, und mir eine künstliche Prothese eingesetzt! Bis ich das verarbeitet hatte, hatte ich über lange Stunden völlig die Fassung verloren… Recht blümerant ist mir auch zumute gewesen, als ich anlässlich eines Endoprothesen-Vortrags, gehalten vom Chefarzt der Orthopädie, ein künstliches Hüftgelenk dann in den Händen halten durfte – wie seltsam mutete das an, und wie schwer… Als Patient/in unter vielen habe ich mich eigentlich nicht über die Maßen mit mir und den neuen körperlichen Gegebenheiten beschäftigt. Auch lenkte der manchmal recht straff gehaltene Anwendungs-Plan von dieser narzisstischen Selbstbeschau ab. Das stellt sich jetzt erst seit Donnerstag ein, seitdem ich wieder in München und im Alltagsleben weile, und unter all den „Nicht-Behinderten“ sozusagen eine Ausnahme bin…
Liebe Grüße!