A wie Angst und Atmen

Meine zweite Hüft-OP ist eine Woche vorbei und ich fühle mich jeden Tag fitter. Erst war der Hämoglobin-Wert zu niedrig (HB-Wert vor der OP 12,9, am „schlimmsten“ Tag 8,3). Jetzt hat er sich dank Eisen-Infusion und guter Konstitution wieder auf 9,8 hochgeschraubt. Ich bin stolz auf meinen an sich gesunden Körper. Fremdblut hätte ich mir ungern geben lassen. Deshalb sei hier allen gesagt, die sich eine Hüft-OP überlegen: Eine Eigenblutabgabe spätestens vier Wochen vorher ist nicht schlecht. Der Oberschenkelknochen, in den die Endoprothese gebohrt wird, ist doch sehr gut durchblutet, so dass man von seinen vier bis fünf Litern Blut bis zu zwei (!) Litern verlieren kann. Muss nicht sein, kann aber.

Das führt mich zum Thema Angst vor der OP. Diese scheint sehr weit verbreitet zu sein, obwohl Hüft-OP`s inzwischen in deutschen Krankenhäusern fast zum Standard gehören. Der am häufigsten gehörte Satz in meiner ersten Reha war „Hätte ich mich nur schon vorher operieren lassen. Dann wäre ich fitter gewesen und hätte mir viel Schmerzen, Energie und Zeit gespart.“ Denn eines muss ich ganz klar sagen: Durch den Alltag zu humpeln ist vergeudete Lebenszeit. Wenn man sich jeden Gang extra überlegen muss, sollte es schon click machen im Hirn. Die meisten gehen erst ins Krankenhaus, wenn sie sogar im Liegen Schmerzen haben oder wenn sie nach Einnahme von Diclofenac (Voltaren & Co.) nur noch Durchfall bekommen. Dies ist das „Endstadium“ – und so weit sollte man es nicht kommen lassen.

Ich wurde im Krankenhaus und in der Reha immer um meine Fitness beneidet. Also hier ein ganz klares Plädoyer für eine Hüft-OP im noch einigermaßen beweglichen Stadium. Man schädigt sich auch auf die Dauer selbst: den Magen mit den Tabletten, das gesamte Gestell (Rücken, Knie) durch den krummen Gang, unter Umständen die Figur durch den ständigen Bewegungsmangel. Der Gewinn an Lebensqualität dank einer künstlichen Hüfte ist exorbitant! Ich weiß wirklich, wovon ich spreche. Schon nach der ersten Hüfte konnte ich endlich wieder schwimmen. Herrlich! Das

Heidis Wassertraining mit Pool-Noodle

Sechs Wochen nach der OP macht das Schwimmen wieder richtig Spaß!

ging nämlich vor der OP nicht einmal mehr im warmen Thermalwasser. Das war für mich der Anstoß, „es“ nun endlich machen zu lassen.

Angst hatte ich eigentlich nie. Ich habe mich in die Hände eines erfahrenen Operateurs begeben. Wie man den findet? Also A wie Arztwahl: Recherche. Hier funktioniert das System der selektiven Wahrnehmung sehr gut. Sobald man in seinem Umfeld kundtut, dass man es mit den Hüften hat, bzw. sobald das sichtbar wird, ist man plötzlich nur noch von Betroffenen umgeben. Wie ein Wasserfall ergießen sich dann die guten Ratschläge. Jeder kennt jemanden, der bei Dr. XY war oder in der Klinik Sowieso. Prima. Alles sammeln, aufnehmen, selbst ein Bild machen. Und dann „ja“ sagen und vertrauen. Mehr geht nicht.

Ich habe vor meiner ersten Hüft-OP noch eine dreiwöchige Ambulante Reha gemacht. Das hat mir meine Physio- und Manualtherapeutin Birgit Ferber-Busse in Erding (www.ferber-busse.de) geraten. Mein Orthopäde in Erding hat das befürwortet, die Deutsche Rentenkasse hat es genehmigt. Das geschah noch vor dem Hintergrund, dass man die OP evtl. hinauszögert. Letztendlich aber war die Trainingstherapie an den Geräten inklusive Physio-Anwendungen, Hüft-Gruppen und Bewegungsbad eine optimale Vorbereitung auf die OP. Ich bin einfach gut trainiert ins Krankenhaus gegangen.

Die Vorbereitung auf die zweite Hüft-OP war eigentlich die Kräftigung der operierten Seite. Denn natürlich muss die stabil sein, bevor man wieder auf Krücken durch die Gegend hatscht. Zur Unterstützung habe ich einen Personal Trainer gefunden, der intensiv mit mir an meiner Tiefenatmung gearbeitet hat. Ich wusste bis dato nicht, dass Beckenbodentraining nicht nur für Schwangere gut ist. „Mit der Nase einatmen, den Bauch blähen, mit dem Mund tief ausatmen bis weit in den Unterbauch hinein.“ Diese Sätze habe ich nun immer im Ohr, wenn ich Übungen mache. Denn wie sicher viele Menschen habe ich den Atem immer angehalten bei Anstrengung. Nun versuche ich, das zu ändern. Es gelingt nicht immer, aber immer öfter. Atemtechnik zu trainieren halte ich wirklich für sinnvoll – egal ob mittels Gesangsstunden, Yoga-Übungen oder „klassisch“.

Noch was Aktuelles zur Angst. Der erst kürzlich an Krebs verstorbene Apple-Gründer Steve Jobs berichtet in seiner Autobiographie, dass er nicht aufgeschnitten werden wollte. Als er diese Angst überwunden hatte, war es zu spät. Eine meiner Mitpatientinnen erzählte mir, sie hätte Angst vor dem Fremdmaterial gehabt. Das sind legitime Gefühle. Ich kann das nur mit der Angst vor dem Zahnarzt vergleichen: Natürlich bohrt der Hüft-Operateur, sogar ziemlich tief, natürlich schneidet er die Haut auf, natürlich kommt das Material Titan in den Körper, das es dort sonst nicht gibt. ABER: Hinterher ist alles gar nicht so schlimm, sondern viel, viel besser! Und nichts tut mehr weh.

Über heidirauch

Diplom-Journalistin, Kultur PR-Frau (Schloss Amerang, Golfclub München Eichenried), Buchautorin (Mut zur neuen Hüfte, Mut zum neuen Knie, Oliven - Eine Liebeserklärung an den Süden), Teilzeit-Olivenbäuerin mit Oliven-Import aus den Marken (www.oliopiceno.de), Belleggia-Golfschuh-Vertriebsfrau für Deutschland
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